Weltraum- und Astrophysik – Forschung

Erdgebundene Teleskope und Teilchen-Detektoren sowie Foschungssatelliten liefern uns immer genauere Bilder und Daten von den Vorgängen im Universum. Ziel unserer Forschung ist es diese Vorgänge auf Grundlage der bekannten Naturgesetze und physikalischen Theorien zu erklären. Dabei behandeln wir Themen der Astro-, Weltraum- und Plasmaphysik. Wir möchten hier nur einen kleinen Überblick über einige unserer momentanen Froschungsgebiete geben. Detaillierte Informationen finden sich in unseren aktuellen Veröffentlichungen.

Allgemeine Strahlungsprozesse und die Physik der aktiven Galaxien

Blazar
Künstlerische Darstellung eines AGN.
Copyright: Paolo Padovani.

In dem Fall, dass eine galaktische Zentralregion ihre komplette Wirtsgalaxie überstrahlt, redet man von einem aktiven galaktischen Kern (engl. active galactic nuclei – AGN). Diese Objekte zählen nicht nur zu den Leuchtkräftigsten im Universum, sie sind auch überaus variabel in ihrer Helligkeit. Eine Unterklasse der AGNs sind die Blazare. Ihr Strahlungsspektrum ist dominiert durch die Prozesse im Plasma sogenannter Jets, die bi-polar vom schwarzen Loch ausgesendet werden. Die nieder-energetische Komponente wird gemeinhin mit Synchrotronstrahlung assoziiert, wobei der Urspung der hoch-energetischen Komponente noch Gegenstand aktueller Debatten ist. Unter gegebenen Quellparametern berechnen wir vornehmlich analytisch, welche Spektren, Polarisationseigenschaften und Lichtkurven theoretisch erwartbar sind. Aufgrund der starken Zeitvariabilität berücksichtigen wir verschiedene Energieverlustprozesse der Plasmateilchen um realistischere Ergebnisse zu erlangen. Der Vergleich unserer theoretischen Ergebnisse mit den Messdaten realer Objekte liefert uns tiefere Einsichten in die ablaufenden physikalisch Prozesse.
Ausgewählte zugehörige Publikationen:

Kosmische Voids, extra-galaktisches Hintergrundlicht und das inter-galaktische Magnetfeld

Cosmic web
Das kosmische Netz
Copyright: The Millennium Simulation Project.

Die großräumige Struktur des Universums zeigt eine schaumartige Struktur, wobei Galaxienhaufen und Superhaufen die Knotenpunkte darstellen. Sie sind durch filamentartig angeordnete Galaxien verbunden. Die gigantischen leeren Zwischenräume nennt man Voids. In diesen Voids können hoch-energetische Photon von Blazaren durch Photon-Photon-Stöße mit dem extra-galaktischen Hintergrundlicht Elektron-Positron-Paare erzeugen. Diese diffuse Strahlung besteht einerseits aus direkter anderseits aus von Staub gestreuter Strahlung von Sternen. Aufgrund der Impulserhaltung bilden die erzeugten Paare einen kollimierten Strahl in Richtung des ursprünglichen Blazarphotons. Im klassischen Bild können die Teilchen invers-Comptonstreuung mit den Photonen der Mikrowellen-Hintergrundstrahlung eingehen. Dies generiert immer noch hoch-energetische Gammastrahlung. Diese Gammaphoton können in den existierenden Photonenfeldern wiederum Elektron-Positron-Paare erzeugen. So entsteht eine elektromagnetische Kaskade, welche zu zeitverzögerten Echos einzelner Helligkeitsausbrüche führen kann. Werden die geladenen Teilchen in einem inter-galaktischen Magnetfeld abgelenkt führt dies zu einem diffusen Halo um die Punktquellen. Unsere fortlaufende Forschung beschäftigt sich mit Plasmaeffekten der Paar-Strahlen, die die Entwicklung der elektromagnetischen Kaskade unterdrücken. Bei schwachen Blazaren und einem unmagnetisierten inter-galaktischen Medium führt die Dissipation von generierter elektrostatischer Turbulenz zu Halos von elektrostatischer Bremsstrahlung die im optischen Bereich beobachtbar sein könnten.
Ausgewählte zugehörige Publikationen:

Der Sonnenwind – Äquipartition and Plasmainstabilitätsgrenzen

Solar wind data
Vor Ort durch den Satelliten WIND aufgenommene Daten des Sonnenwinds überlagert mit den theoretischen Instabilitätsgrenzen.

Der Sonnenwind ist ein kontinuierlicher Ausstrom von geladenen Teilchen von der Sonne. Obwohl kosmische Plasmen generell als stoß-frei betrachtet werden, zeigen die beobachteten Elektron- und Proton-Geschwindigkeits-Verteilungsfunktionen nahezu Bi-Maxwell-Verteilungen mit unterschiedlicher Temperatur entlang und senkrecht zur geordneten Magnetfeldrichtung der Sonne. Die Satellitenmission WIND misst die Plasmaeigenschaften des Sonnenwindes für nun mehr als 10 Jahre. In einem Plot der Temperatur-Anisotropie über dem sogenannten parallelen Plasma-Beta, dem Verhältnis vom kinetischen Plasmadruck zum magnetischen Druck, bilden die unterschiedlichen Messwerte eine Rautenförmige Verteilung. Befindet sich das Plasma in einem Zustand außerhalb der Raute bringen Schwankungen generiert durch Plasmainstabilitäten das Plasma wieder in eine stabile Konfiguration innerhalb der Raute. Es ist interessant diese Plasmainstabilitäten genauer zu untersuchen. Während für große Plasma-Beta die Temperatur-Anistropie durch die Mirror- und die Firehose-Instabilität begrenzt sind, fehlen gerade für kleine Plasma-Beta noch detaillierte Erklärungsmechanismen. Unsere fortlaufende Forschung hat das Ziele, gerade diese Grenzen zu erklären.
Ausgewählte zugehörige Publikationen:

H.E.S.S – The High Energy Steroscopic System

HESS II
The Large Cherenkov Telescope of the H.E.S.S. project.

Die H.E.S.S.-Kollaboration betreibt das erfolgreichste Luft-Cherenkov-Teleskopsystem der Welt. Das grundlegende physikalische Ziel des H.E.S.S.-Projekts ist die Erforschung der Produktion und Bewegung von hoch energetischen Teilchen im Universum. Da geladene Teilchen von Magnetfeldern abgelenkt werden und so keine Aussage über deren Ursprung gemacht werden kann, beobachten die H.E.S.S.-Teleskope Gammastrahlung, welche unbeeinflusst von Magnetfeldern, direkt auf ihren Ursprungsort hinweist. Nicht-thermische Teilchenpopulationen kommen unter anderem in Supernovae, Pulsaren und Aktiven Galaxien vor. Sie erzeugen Gammaphotonen entweder über leptonische Prozesse wie Synchrotronstrahlung und inverse Compton-Streuung oder durch hardonische Prozesse über den Zerfall von entstehenden neutralen Pionen. Die gemessenen Spektren der Photonen stehen in enger Verbindung mit den erzeugenden Teilchenpopulationen. Die Teleskope arbeiten folgendermaßen: Durch Stoßprozesse lösen hoch energetische Gammateilchen beim Eintritt in die Erdatmosphere die Entstehung von schnellen Elementarteilchen aus. Die so entstandenen Teilchen produzieren wiederum neue Teilchen. Ein sogenannter Luftschauer entsteht. Das Gammaphoton gibt hierbei seine gesamte Energie an Sekundärteilchen ab. Aufgrund der großen deponierten Energie bewegen sich die Sekundärteilchen mit annähernd Vakuum-Lichtgeschwindigkeit. Diese übersteigt die spezifische Lichtgeschwindigkeit in Luft, was die Abstrahlung von Cerenkov-Strahlung bewirkt. Die H.E.S.S. Teleskope sind in der Lage diese wenigen Nanosekunden andauernden schwachen blauen Pulse zu detektieren. Dabei sind die fünf Teleskope stereoskopisch verschaltet, um aus der Geometrie des beobachteten Luftschauers auf die ursprüngliche Richtung des Photons rückzuschließen. Der Lehrstuhl für theoretische Weltraum- und Astrophysik ist Gründungsmitglied der H.E.S.S.-Kollaboration. Universitäten und Forschungsinstitute aus 12 Ländern sind an dem Projekt beteiligt. Die Hauptaufgaben der Bochumer Gruppe liegen im Bereich der theoretischen Begleitung des Experiments, der Interpretation der Daten, des Austausches mit der astrophysikalischen Community sowie der Teilnahme an den Beobachtungsschichten an den Teleskopen in Namibia.